Interview mit Gerda Hasselfeldt

DRK-Präsidentin gibt Staffelstab weiter

Berlin, Oktober/November 2025

"Es war mir eine Ehre, dieses Amt auszuführen"

Nach acht Jahren DRK-Präsidentschaft wird sich Gerda Hasselfeldt auf der Bundesversammlung am 29. November nicht erneut zur Wahl stellen. Im Interview erklärt sie unter anderem, warum sie den Staffelstab nun weitergibt und was ihr vom DRK vor allem in Erinnerung bleiben wird.

Frau Hasselfeldt, nach vielen Jahren als DRK-Präsidentin ist nun bald Schluss. Warum?

Gerda Hasselfeldt: Zunächst einmal will ich sagen, dass es für mich eine unglaubliche Ehre war, dieses Ehrenamt acht Jahre ausführen zu können. Das DRK ist eine so starke, tolle und wichtige Organisation mit über 450.000 ehrenamtlich Engagierten und über 210.000 hauptamtlich Angestellten. Wir sind an vielen Orten im In- wie im Ausland tätig, um das Leid von Menschen in Not zu lindern und sorgen mit zahlreichen Projekten für ein besseres Funktionieren unserer Gesellschaft. So geht mit diesem Amt auch eine große Verantwortung einher, die ich sehr gerne übernommen habe. Und ich glaube, es lässt sich festhalten, dass wir in meiner Amtszeit gemeinsam mit den Gliederungen Vieles bewegen konnten. Darauf schaue ich mit Stolz zurück und natürlich nun auch mit etwas Wehmut.

Ich habe kürzlich meinen 75. Geburtstag gefeiert. Es ist nun an der Zeit, mehr mit der Familie zu unternehmen und vor allem lässt sich das Alter nicht gänzlich leugnen. Mein Ansatz war immer, Ämter mit ganzer Kraft auszuüben. Das ist in der Form mittelfristig nicht mehr möglich, denn die DRK-Präsidentschaft geht mit vielen Terminen und Aufgaben einher. Deshalb wollte ich nun rechtzeitig, dieses bedeutungsvolle Amt in verantwortungsvolle Hände übergeben. Es wurde mit dem Kandidaten Hermann Gröhe eine sehr gute Lösung gefunden, die hoffentlich von der Bundesversammlung bestätigt wird und wir stehen als Gesamtorganisation gut da. Insofern kann ich nun ruhigen Gewissens den Staffelstab übergeben.

Sie haben es angesprochen, dass in Ihrer Amtszeit viel bewegt werden konnte. Auf was sind Sie besonders stolz?

Dass es uns an ganz vielen Stellen gelungen ist, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren und zu deren Bewältigung beizutragen. In die Zeit seit meiner ersten Wahl 2017 bis heute fallen zum Beispiel die Corona-Pandemie, der bewaffnete Konflikt in der Ukraine und die Flut in und um das Ahrtal. Alles Ereignisse, die auch für uns eine große Kraftanstrengung bedeuteten und die es in der Form zumindest längere Zeit nicht gab. Wir haben bei all diesen Krisen, so unterschiedlich sie auch waren bzw. sind, gezeigt, dass das DRK trotz seiner Größe ein agiler Akteur ist, der den Menschen vor Ort schnell helfen kann. Das liegt natürlich vor allem daran, dass wir dank unserer lokalen Verankerung durch die Ortsvereine und Kreisverbände sowie unsere Schwestergesellschaften im Ausland nah an den Menschen sind und die lokalen Verhältnisse gut kennen, aber wir haben es in diesen Situationen auch geschafft, uns überregional zu koordinieren, Themen auch auf die politischen Agenda zu setzen und zu zeigen, dass wir zusammen ein starkes DRK sind, dass den Menschen umgehend und mit viel Kompetenz zur Seite steht. Das hat mich wirklich tief beeindruckt.

Was nehmen Sie aus Ihrer Amtszeit sonst noch als beeindruckende Erfahrungen mit?

Eine ganze Menge, aber lassen Sie mich ein weiteres Beispiel nennen: die Arbeit unserer Mitarbeitenden, sowohl im Ehrenamt als auch im Hauptamt. Immer wieder konnte ich sehen, dass sich Menschen dem Mandat und den Aufgaben des DRK aufopferungsvoll hingeben. Egal, ob am Wochenende, egal bei welchem Wetter, egal unter welchen sonstigen persönlichen, teils schwierigen Umständen. Zu sehen, mit welcher Hingabe Menschen sich einsetzen, um anderen Menschen zu helfen, das hat mich selbst immer wieder motiviert und hoffnungsvoll gestimmt.

Wir zeigen so beim DRK jeden Tag, was in einer Gesellschaft möglich ist, die zusammenhält und in der Menschen nicht nur auf sich selbst und ihren eigenen Vorteil schauen. Wir halten die Flagge der Menschlichkeit hoch, was gerade in diesen Zeiten enorm wichtig ist. Deshalb will ich auch an der Stelle nochmal allen Menschen ausdrücklich für ihr Engagement danken. Was da gerade an der Basis geleistet wird, ist keineswegs selbstverständlich und es genießt meine höchste Anerkennung,. Bei mir haben die vielen persönlichen Gespräche mit Helfenden bleibenden Eindruck hinterlassen und für diese Begegnungen und Erfahrungen, aus denen ich viel lernen konnte, bin ich sehr dankbar.

Wo sehen Sie die wichtigsten Aufgaben für das DRK in den kommenden Jahren?

Zentral ist natürlich, dass wir unsere bisherigen Angebote und Hilfestellungen in der Zukunft anbieten können und dabei mit der Zeit gehen. Das A und O wird also sein, dass wir ein verlässlicher Partner für Menschen mit Unterstützungsbedarf bleiben, unabhängig von ihrer Herkunft, sozialen Stellung etc. Dies ist vor dem Hintergrund von zahlreichen Kürzungen durch die öffentliche Hand eine große Herausforderung.

Gerade der Bevölkerungsschutz muss ausreichend und angesichts der Herausforderungen besser als bisher finanziell ausgestattet werden. Auch die zivil-militärische Zusammenarbeit gilt es zu stärken, genauso wie die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung. Es sollten zum Beispiel Pflegeunterstützungskräfte ausgebildet werden, die im Krisenfall bei der Pflege unterstützen können und Erste-Hilfe-Maßnahmen, insbesondere zur Wiederbelebung, auch schon in der Schule vermittelt werden. Und wir müssen weiter darauf drängen, dass sich zum Beispiel durch eine bundesweite Helfergleichstellung die Bedingungen für gesellschaftliches Engagement verbessern. Auch bei einem Thema, das mich seit vielen Jahren umtreibt, braucht es endlich eine umfassende Reform: Die Pflege muss zukunftsfähig aufgestellt werden, sie darf nicht zur Armutsfalle werden. Auf diese Punkte sollte das DRK als wichtiger Akteur weiterhin hinwirken.

Einen Punkt möchte ich noch ergänzen: Angesichts der genannten Kürzungen werden wir die kommenden Jahre eher noch mehr auf Spenden von Privatpersonen und Unternehmen angewiesen sein. An der Stelle zunächst ein ganz großes Dankeschön für die unglaubliche Unterstützung. Nur dank der Spenden können wir viele Angebote überhaupt erst anbieten. Wir werden auch in Zukunft die richtigen Wege finden müssen, um die Bedeutung und Einzigartigkeit unserer Arbeit zu veranschaulichen, sodass Menschen für uns spenden.

Werden Sie die genannten Wege des DRK selbst weiter verfolgen?

Das steht außer Frage. Wenn Sie einmal von innen genau gesehen haben, was das DRK jeden Tag leistet, was für Menschen dahinterstehen und welche gesamtgesellschaftlich wichtige Funktion diese Organisation hat – in Verbindung mit dem einzigartigen humanitären Mandat unserer Bewegung, dann sind sie automatisch ein ganz großer und lebenslanger DRK-Fan. Insofern werde ich mich mit Sicherheit auch in Zukunft für das DRK über verschiedene Wege stark machen und die weitere Entwicklung mit großem Interesse und Freude verfolgen.

DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt