Zivil-militärische Zusammenarbeit und Host Nation Support

Zur Rolle des DRK und der Bevölkerung

Im Rahmen der sicherheitspolitischen Zeitenwende stellt sich immer häufiger die Frage, welche Rolle nichtstaatliche, zivile Organisationen in der Verteidigung, der Gefahrenabwehr oder auch bei Auslandseinsätzen einnehmen, wie diese Organisationen mit staatlichen Organisationen wie der Bundeswehr zusammenarbeiten (dürfen) und wie die Bevölkerung auf neue Herausforderungen und mögliche Katastrophenszenarien vorbereitet werden kann. Die zivil-militärische Zusammenarbeit wird, auch durch mögliche Szenarien des Host Nation Supports, vor neue Fragen gestellt.

Um sich darüber und über die besondere Rolle des DRK innerhalb dieser Zusammenarbeit auszutauschen, luden die DRK Kreisverbände Rhein-Sieg und Bonn vergangene Woche Vertreter*innen aus Verwaltung, Politik und Hilfsorganisationen zu einem Informationsabend ein. Gastredner waren Michael Sieland, Landeskonventionsbeauftragter des DRK Landesverband Nordrhein e.V., Dr. Heike Spieker, Leiterin des Verbindungsbüros des DRK beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und Brigadegeneral Hans-Dieter Müller, Kommandeur des Landeskommando NRW. Sie beleuchteten in ihren Vorträgen die verschiedenen Aspekte zivil-militärischer Zusammenarbeit, welche Rolle die Rotkreuz-Grundsätze dabei spielen und lieferten Einblicke in mögliche Zukunftsszenarien, in denen nicht nur die Bundeswehr und zivile Organisationen, sondern auch die Resilienz der Bevölkerung gefragt sein werden.

Durch die geostrategische Lage Deutschlands in der Mitte Europas würden Verlegungen von Material und Personal der Bundeswehr und von Streitkräften befreundeter Nationen der NATO/EU in Zukunft auch hier sichtbarer für die Bevölkerung, berichtet die Bundeswehr auf ihrer Website. Im Rahmen der militärischen Verteidigung hat sie mit dem Operationsplan Deutschland auf sich verändernde geopolitische Lagen reagiert, aber auch Akteure in der zivilen Verteidigung befassen sich verstärkt mit ihrer Stellung in der Gesamtverteidigung und im Host Nation Support. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Hilfsorganisationen vorbereitet und sich ihrer Aufgaben, aber auch Grenzen eben dieser bewusst sind.

Das Rote Kreuz, entstanden aus der Hilfestellung für verwundete Soldaten auf dem Schlachtfeld in Solferino, nimmt in diesem Zusammenhang eine besondere Position ein: Eine Unterstützung durch das Rote Kreuz, beispielsweise in der Versorgung oder medizinischen Betreuung von Truppen während ihres Aufenthalts oder Transits in Deutschland, darf schließlich zu keiner Zeit militärische Anstrengungen im Umfeld eines bewaffneten Konflikts unterstützen. Sie muss stets mit der Wahrung der Rotkreuz-Grundsätze vereinbar sein, insbesondere mit der Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit. Die Rolle des Roten Kreuzes würde im Falle einer Unterstützungsanfrage im Rahmen des Host Nation Supports also gar nicht eindeutig zu definieren sein und einer sorgfältigen und individuellen Einzelfallprüfung bedürfen.

Auch auf Ebene der DRK Kreisverbände setzt man sich bereits mit solchen Szenarien auseinander und sensibilisiert die eigenen Hilfskräfte für mögliche eintreffende Anfragen dieser Art. Sensibilisierung ist in Augen der beiden DRK Kreisverbände aber auch in der Bevölkerung zu betreiben – nicht, um Panik zu schüren, sondern um die Bevölkerung in ihrer Resilienz zu stärken. Angriffe auf Cybersicherheit oder digitale Infrastruktur treten bereits jetzt auf. Bürger*innen und Bürger sollten in solchen Situationen wissen, was zu tun ist, appellieren die DRK Kreisverbände Rhein-Sieg und Bonn. Grundkenntnisse in der Ersten Hilfe und die Bereithaltung von Lebensmittel- und Wasservorräten sind dabei essenziell. Informationen zur persönlichen Notfallvorsorge und entsprechende Checklisten für Bürger*innen werden zum Beispiel durch das BBK bereitgestellt.

Die Grundsätze des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes

Die Grundsätze wurden von der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz 1965 in Wien proklamiert. Der vorliegende angepasste Text ist in den Statuten der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung enthalten, die von der XXV. Internationalen Rotkreuzkonferenz 1986 in Genf angenommen wurden. Die abgebildeten Piktogramme wurden durch das DRK 2015 anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Annahme der Grundsätze entwickelt:

Menschlichkeit

Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, entstanden aus dem Willen, den Verwundeten der Schlachtfelder unterschiedslos Hilfe zu leisten, bemüht sich in ihrer internationalen und nationalen Tätigkeit, menschliches Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. Sie ist bestrebt, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des Menschen Achtung zu verschaffen. Sie fördert gegenseitiges Verständnis, Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden unter allen Völkern.

Unparteilichkeit

Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung unterscheidet nicht nach Nationalität, Rasse, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung. Sie ist einzig bemüht, den Menschen nach dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen den Vorrang zu geben.

Neutralität

Um sich das Vertrauen aller zu bewahren, enthält sich die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung der Teilnahme an Feindseligkeiten wie auch, zu jeder Zeit, an politischen, rassischen, religiösen oder ideologischen Auseinandersetzungen.

Unabhängigkeit

Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ist unabhängig. Wenn auch die Nationalen Gesellschaften den Behörden bei ihrer humanitären Tätigkeit als Hilfsgesellschaften zur Seite stehen und den jeweiligen Landesgesetzen unterworfen sind, müssen sie dennoch eine Eigenständigkeit bewahren, die ihnen gestattet, jederzeit nach den Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung zu handeln.

Freiwilligkeit

Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung verkörpert freiwillige und uneigennützige Hilfe ohne jedes Gewinnstreben.

Einheit

In jedem Land kann es nur eine einzige Nationale Rotkreuz- oder Rothalbmond-Gesellschaft geben. Sie muss allen offen stehen und ihre humanitäre Tätigkeit im ganzen Gebiet ausüben.

Universalität

Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ist weltumfassend. In ihr haben alle Nationalen Gesellschaften gleiche Rechte und die Pflicht, einander zu helfen.